Gustav Řebiček 51041-4342

in einer Prunkkassette, gewidmet dem Sänger
Jean-Louis Lassalle, 1849 (Lyon) – 1909 (Paris)

 

Die Musikzahl ist zusätzlich auch auf dem Bleigewicht der letzten Basszunge eingeritzt






Die Kassette (23 x 12 cm) ist vermutlich die luxuriöseste, die je für ein Zwei-Musikstücke-Werk hergestellt wurde




Die beiden letztgenannten Musikstücke dieses Wohltätigkeitskonzertes sind auch auf dem Spielwerk zu hören.


Die Auslösung erfolgt durch einen Druck auf den Stab (in Richtung des Pfeiles).


Der Stab am linken Bildrand ist am Start-Stopp-Hebel eingeschraubt und bestätigt diesen wie oben erwähnt




In einem wichtigen und imponierend detailfreudigen Aufsatz A Present for Mr. Jean Lassalle berichtet Niko Wiegman in der Frühjahrsausgabe The Music Box 1/2019, S. 17 bis 19, über dieses Spielwerk. Dieser gründlichen Recherche ist auch die Datierung auf das Jahr 1887 schlüssig belegt, sodass diese Studie für die Angabe der Produktionsjahre der Spielwerke davor und danach einen wichtigen Ankerpunkt darstellt. Diese Jahresangabe passt auch gut in das auf dieser Webseite angebotene, nunmehr umgearbeitete Schema.

Dies kann man von dem rätselhaften „Fehlen“ von rund 450 Werknummern knapp nach der Nummer 51400 festzstellen ist, nicht behaupten. Ist diese Lücke wirklich nur ein Zufall, oder wurden damals einige Werknummern übersprungen um die sinkende Produktion zu kaschieren?


Zur Datierungsfrage

Die folgendem Überlegungen beziehen sich auf die Angaben von Niko Wiegman.

Der Bariton Jean-Louis Lassalle trat nur in den Jahren 1886 und 1887 am Prager Nationaltheater auf. Deswegen musste die frühere Datierung des Spielwerkes auf dieser Webeite unbedingt auf 1887 korrigiert werden. Eine spätere Verleihung dieser Ehrengabe ist unwahrscheinlich. Es ist vielmehr anzunehmen, dass die Prunkkassette dem berühmte Bariton Lassalle anlässlich seiner Abreise nach seinem rund zweijährigen Aufenthaltes erfolgt ist. Der letzte Auftritt Lassalles fand am 7. Juni 1887 statt, die Überreichung dürfte, wie allgemein üblich, unmittelbar nach der letzten Vorstellung. noch in Anwesenheit des Publikums stattgefunden haben. Das Spielwerk und seine Luxusschatulle müssen also vor dem genannten Datum 1887 angefertigt worden sein.


Zur Frage des geteilten Kammes

Grundsätzlich kommen aus zwei Stücken bestehende Kämme bzw. Spielwerke, bei denen nur wenige Zungen „angestückelt“ wurden, häufiger vor als man gemeinhin glaubt. Nicht nur Antiquitätenhändler, auch Sammler übersehen oft diese Zweiteilung, die oft auch nur dann zu erkennen ist, wenn man sehr genau hinsieht.

Wenn Niko Wiegman in diesem Zusammenhang das Wort „rushy“, also eilig, verwendet (S. 19, dritte Spalte), spielt er damit offenbar die Tatsache an, dass der Kamm nicht erneuert, sindern nur repariert wurde. Dies geschah mit einem weiteren Kammteil, sodass zwei bereits gemarkte Kämme aneinandergefügt wurden. Danach wurde die Zerstückelung des Firmensignets durch eine Abdeckplatte aus Kammeisen kaschiert. Interessanterweise war dieser Reparaturvorgang offenbar immer noch billiger als die Fertigung eines neuen Kammes.

Leider gibt es zur Frage des Ausschusses, der bei der Fertigung der Kämme entstand, keine Zahlenangaben von Seiten der Firma Rzebitschek. Man kann aber davon ausgehen, dass eine nicht unerhebliche Anzahl von Kämmen die Montage in ein Spielwerk gar nicht erlebt haben sondern vorher aufgrund von Bearbeitungsfehlern ausgeschieden werden mussten. Das wäre eine gute Erklärung, dass zwar selten, aber doch, Kämme zsammengesetzt wurden.


Warum verwendete man nicht gleich den anderen gleich gestimmten, kompletten Kamm?

Vermutlich dürfte auch der zweite Kamm dürfte auch nicht mehr komplett gewesen sein.


Musste der zweite Kamm(teil), der zur Restaurierung eines beschädigten herangezogen wurde, die selben Musikstücke spielen?

Antwort: nicht unbedingt, er musste nur die selbe Stimmung aufweisen.


Warum die Bezeichnung der Musikstücke in tschechischer Sprache?

Der Uhrmacher Ludvík Hainz, dessen Vater die heute noch bestehende Uhrmacherwerkstatt im Jahr 1836 gegründet hatte, war im Direktorium des Prager Nationaltheaters und vermutlich der Initiator für dieses Gastgeschenk. Niko Wiegman vermutet, dass Hainz auf der Verwendung tschechischen Sprache auf der Musikstücktafel bestand.

Wie sehr Wiegman mit seiner Einschätzung dieser Kassette, sie sei „pleasant to listen, with good tone and nicely arranged tunes“, recht hat, ist auf Youtube leicht überprüfbar.

Der Geschenknehmer, Lassalle, dürfte sich auch gefreut haben, und bedankte sich beim Prager Publikum damit, dass er das tschechische Volkslied Vrat mi, mila, ten dar eigens (in einer ihm fremden Sprache) für das oben genannte Wohltätigkeitskonzert einstudierte.


Fotos: ©Archiv Niko Wiegman, Spielwerkrestaurator in Hilversum, Niederlande